Er war splitternackt und sah mich (wohl deswegen) unsicher grinsend an. Dann versuchte er mir etwas auf Englisch zu sagen, aber ich unterbrach ihn: "Ich glaube, wir verstehen uns auch so. Kann ich helfen?"
"Danke, es geht schon! Da hinten liegen meine Kleider." antwortete er.
Während er sich dorthin auf den Weg machte, sagte er: "Bei dem warmen Wetter mußte ich einfach an diesem wunderbaren, einsamen Strand baden gehen! Badesachen habe ich natürlich keine dabei ... wer glaubt
schon, daß so etwas hier im hohen Norden überhaupt möglich ist!"
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Da erblickte ich einen Mann im Wasser. Er war nicht allein.
Ein großer, schöner Schäferhund saß ihm auf der Pelle und betrachtete ihn offenbar als Spielkameraden - oder als Spielzeug. Seine Versuche, ihn freundlich abzuwimmeln, verliefen ziemlich erfolglos. Der Hund erblickte mich und ich fing an zu winken. Er zog es jedoch vor, bei seinem selbsterwählten Herrchen im Wasser zu bleiben. Ich sah mich auf dem Strand um. Leider kein Stöckchen zum Werfen. Nur Muscheln, Steine und Tang.
Also versuchte ich es mit einem großen Stein. Der Hund verfolgte meinen Wurf mit Blicken, dachte aber offensichtlich nicht im Traum ans
Apportieren.
Da ertönte ein leiser Pfiff. Augenblicklich ließ der Schäferhund von dem Mann ab und eilte zum Ufer. Als ich mich umdrehte, sah ich das echte Herrchen kommen. Der Mann entschuldigte sich zuerst in der Sprache der Einheimischen, dann auf Englisch, wortreich, für die Belästigung.
Der Mann im Wasser beteuerte, dass alles no problem sei, machte aber keine Anstalten, das kühle Nass zu verlassen. Sein Englisch war grausam.
An seinem Akzent erkannte ich sofort, dass wir die gleiche Muttersprache sprachen. An Völkerverständigung schien er wenig interessiert zu sein. Unruhig wartete er, bis sich der Eingeborene verzogen hatte. Dann entstieg er den Fluten.
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Während Wolfgang weiter Stühle und Tische aufstellte, schlenderte ich
zur Brüstung, schloss die Augen, genoss das Einströmen der frischen
Salzluft und freute mich darauf, Faust wiederzusehen.
Zweimal bislang waren wir uns bewußt begegnet. Denkwürdige Treffen - dennoch wusste ich nicht sehr viel von ihm.
Beim ersten Mal traf ich Faust im vergangenen, heißen Sommer. Es war eine abgefahrene Situation. Ich hatte ich mir nach einem qualvollen Beziehungsende einen Herzenswunsch erfüllt und war auf die Loft-Inseln gefahren, am Rande des arktischen Meeres. Auf deren Nordseite geht ein eisiger Wind, und die wenigen Siedler, die dort leben, haben es schwer.
Die Südseite, geschützt durch eine Front von hohen Bergen und gesegnet mit einer warmen Meeresströmung, ist fast das ganze Jahr über frostfrei. Es ist einfach atemberaubend schön. Als ich dort war, hatte die Klimaerwärmung Temperaturen herbeigezaubert, die selbst in dieser Gegend neu waren: 24 Grad Celsius an der Luft und bis zu 22 Grad im Wasser in den Fjorden! Damit hatte ich nicht gerechnet. Bade und Strandkleider - Fehlanzeige. So improvisierte ich, zog kurzerhand ein Négligé an und genoss die Landschaft und das tolle Wetter bei einem Standspaziergang.
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"Soso... danke jedenfalls für den Tip. Aber eigentlich wollte ich fragen, ob die Küche schon auf hat und ich ein Frühstück bekommen kann."
Wolfgang schien nicht besonders begeistert von diesem Wunsch zu sein.
"Eigentlich öffnen wir erst in etwa einer Stunde. Außer mir ist noch niemand da, und wie du siehst, stelle ich gerade die Tische und Stühle raus."
Er seufzte sichtlich überarbeitet. "Na gut, wenn ich hiermit fertig bin..."
"Wolfgang, du bist ein echter Schatz!"
Ich schenkte ihm mein lieblichstes Lächeln.
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Wolfgang seufzte theatralisch.
"Ich fürchte, ich werde dir noch Lokalverbot erteilen für dieses waffenscheinpflichtige Stückchen Stoff und seinen Inhalt - und dafür, daß du mich so auf die Folter spannst. Na ja... wenn dieses Restaurant nicht auch eine Art Strandlokal wäre, dann müßte ich es wohl wirklich tun!"
"Strandlokal? Wo?" fragte ich. "Ich sehe nur Felsen und ziemlich schlechte Badebedinungen..."
Wolfgang lächelte geheimnisvoll.
"Schön, daß das Fräulein Margarete auch mal etwas nicht weiß! Da hinten, vom Leuchtturm aus, gibt es einen halsbrecherischen Felsenpfad zu einigen stillen und lauschigen kleinen Sandstränden. Ein Paradies für Leute, die unter sich bleiben wollen.
Danach kommen sie meistens hierher und verschlingen irgendwelche Leckereien, lauter ungesundes Zeug: Eis zum Beispiel und kübelweise Sahne-Mokka-Liköre."
Er blinzelte mir zu.
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Wolfgang, der Wirt, stellte gerade die Tische und Stühle auf die große Terrasse. Als er mich erblickte, rollte er die Augen und sagte: "Liebste Margarete! Darf ich dich auf einen Umstand aufmerksam machen, der dir anscheinend entging - daß dein Kleid bei der letzten Wäsche ein Stückchen eingelaufen ist?"
Ich erwiderte: "Liebster Wolfgang! Danke für den Hinweis, aber das Kleid war schon immer so kurz."
Er sah mich nachdenklich an: "Wenn das so ist, äh, dann ... hast du etwas bestimmtes vor heute?"
Ich lächelte amüsiert: "Allerdings, ich habe schon was vor. Ich hoffe, jetzt bist du nicht allzu enttäuscht."
"Also..." überlegte er, "falls es darum geht, hier als neckisches Tanzmädchen einzusteigen, dann hättest du vorher anrufen sollen. Ich hab keine Stelle frei. Oder möchtest du etwa da unten in den Klippen baden gehen?"
"Falsch geraten," antwortete ich. "Aber vielleicht kommst du im Laufe des Tages noch drauf."
Ich grinste ihn ermunternd an.
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Der Tag brach gerade an. Ich traf viel zu früh zum Rendezvous ein. Aber vielleicht gab es im Hotel schon Frühstück.
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Ich erreichte den geplanten Treffpunkt.
Das "Lighthouse-Hotel" - einsam, aber wunderschön gelegen. Hier hatte mich Faust schon einmal mit Hilfe von Sahne-Mocca-Likören fast ins Delirium getrieben.
Wir nannten diesen manchmal besinnlichen, manchmal sehr rauhen Ort in Gedenken an diesen Tag und an Douglas Adam's Kultroman "Restaurant am Ende des Universums".
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Damals bändelte sie mit einem ihrer Sportsfreunde an: Jonas, ein netter und ungeheuer gutaussehender Kerl. Er zog bei ihr ein, und endlich schien es so, als ob sie den Mann fürs Leben gefunden hätte.
Cordula gestand uns, daß sie sich so gut fühle wie nie zuvor in ihrem Leben.
Wer weiß - vielleicht war diese Freude an Geborgenheit und fester Bindung schon ein erstes Anzeichen von Schwäche - ein Hinweis darauf, was kommen sollte...
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Nicht daß sie völlig liebesunfähig gewesen sei! Ok, sie kam aus einer ziemlich zerrütteten Familie. Von ihrem Vater wußte sie nichts und ihre Mutter lebte weit weg - sie hatten seit Jahren keinen Kontakt mehr zueinander.
Ihren guten Freundinnen jedoch brachte sie eine große Wärme entgegen, und wir konnten uns trotz ihres immer dichter werdenden Terminkalernders voll auf sie verlassen.
Ich glaube, der größte Teil ihrer Liebe galt Rind, ihrem Hund und verläßlichsten Lebenspartner...
Das änderte sich erst ein wenig, als sie das reife Alter von Siebenundzwanzig erreicht hatte.
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